Liebe Welt,
ach ja, am liebsten würde ich dir einen Liebesbrief schreiben, deine Schönheit und Vielfalt preisen. Dich, den blauen Planeten von oben betrachten und deine Meere, deine Flüsse, deine Gebirge besingen.
Aber wenn ich dieses Bild näher heranzoome, weiß ich, dass ich viele Schrecknisse zu sehen bekomme. Raketen, Rauen, flüchtende und zerfetzte Menschen in Israel und Palästina. Panzer und Drohnen, zerstörte Dörfer in der Ukraine, Völkermord im Sudan – um nur das zu nennen, was mir gerade aktuell an Kriegsgeschehen einfällt.
Liebe Welt, wie erträgst du das? Ich ertrage es kaum und schaue weg. Nur mit dem großen Verdrängen und Gebeten, die ich ab und zu zum Himmel schicke, kann ich es aushalten.
Dazu kommt die Klimakatastrophe, in die wir torkeln oder gar schliddern – mit zunehmender Beschleunigung.
Ja, wir haben das Verdrängen geübt und wenden es auch hier an. Verdrängen gehört zum Leben dazu, ist Lebenskunst; Verdrängen lässt uns den Alltag bewältigen und kann uns umbringen.
Nein, ich will nicht nur schwarz sehen. Es gibt immer noch Hoffnung. Die Hoffnung liegt für mich nicht nur in technischen Lösungen, im Erfindergeist des Menschen. Denn das alleine hat uns zwar Windräder, Wärmepumpen und Solarfelder gebracht, aber auch die höchste Zahl von PKW, die je in Deutschland unterwegs waren.
Die Hoffnung liegt für mich im Aufwachen, im Umdenken: Wir müssen das stete Wachstum als Ziel und als Weg verlassen. Not-wendige Einschnitte, die durchaus schmerzhaft sein können, erwarten uns. Doch – und das ist die gute Nachricht – wir können lernen, dass innehalten, entschleunigen und weniger haben wollen uns zufriedener machen.
Nutzen wir jede Gelegenheit, um unser Tempo herunterzufahren. Dasitzen, zuhören, ins Grüne gehen, unsere Welt ausgiebig betrachten, meditieren und vieles andere kann uns dabei helfen.
Liebe Welt, bitte gib uns Menschheit nicht verloren, auch wenn du ohne uns womöglich besser zurechtkommst. Wir lieben dich, bitte glaube mir,
deine Ruth