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See oder Quelle?

See oder Quelle?

Das Foto, mit dem das Wort Schreibquelle unterlegt ist, stammt vom Blautopf in Blaubeuren. Still wie ein Spiegel beglücken die Oberfläche und die intensiven Farben. In der Tiefe dieses Sees, sprudelt tatsächlich eine Quelle, die auch das Flüsschen Blau speist.

Was außen sichtbar ist, weist nur ungenau auf das Innere hin. Diese Alltagserfahrung kennen wir. Kennen wir eigentlich die sprudelnde Schreibquelle in uns selbst? Wir schreiben zwar Briefe, Gedichte für festliche Anlässe, Tagebuch, Texte, die wir aus beruflichen Gründen oder in einem Ehrenamt verfassen. Oft verwehren wir diesen Alltagserfahrungen jedoch die Anerkennung. Manchmal bleibt uns die Schreibquelle, die uns nähren kann, völlig verborgen! Wir haben allen möglichen Schutt darüber gelagert, uns mit anderen “wichtigeren” Dingen beschäftigt und enthalten uns die eigene Kreativität vor. Auch wenn unser Leben ausgefüllt scheint, fehlt etwas…

Bis sich eines Tages die Sehnsucht nach dem Schreiben Bahn bricht und wir uns auf die Suche machen – nach Worten, die es auszudrücken gilt. Es spielt keine Rolle, ob wir mit einem Rinnsal beginnen oder einen Strom von Worten fließen lassen. Irgendwann erleben wir, dass nicht wir schreiben, sondern dass es aus uns schreibt. Unsere Aufgabe besteht darin, die Hand in die Quelle zu halten und es durch uns hindurch,  aus uns heraus schreiben zu lassen.

 

danken anstatt jammern

Ist das Novemberwetter nicht ideal, um in die eigene Schreibquelle zu tauchen? Draußen Wind und dicke Wolken, Regenschauer und Blätterwirbeln. Abtauchen ins Innere und Schätze bergen: anstatt sich damit abzugeben, wo wir uns zu kurz gekommen fühlen, können wir hinschauen, wofür wir dankbar sein können.
Sofort fällt mir ein, dass ich bisher keinen Verlag für meinen ersten Roman aufgetan habe. Jetzt nichts wie weg von Jammern und Lethargie! Schon purzeln Dankbarkeitssätze aufs Papier und der Füller bremst erst, als ich am Ende der fünften Seite angelangt bin: ich bin dankbar für die Lehrerin, die mir in der Grundschule das Schreiben beibrachte, für die Vision, Schriftstellerin zu werden, die mich noch heute mit innerer Freude erfüllt, für meine Lehrerinnen im kreativen Schreiben, für Kalliope, die Muse der Dichtkunst und Schönstimmigkeit, und für meine Rundbriefe, die einen abgebrochenen Familienkontakt wieder in Gang brachten. Dankbarkeit für Stifte und Papier, den PC, ein warmes, helles Zimmer und einen Schreibtisch gehören ebenso hierher, wie für meine Augen, die mir trotz mehrfacher Probleme ermöglichen zu lesen und zu schreiben.
Ob ich jetzt die wichtigsten Punkte erinnert und ausgewählt habe, spielt keine Rolle. Mich erfüllen Freude und Stimmigkeit, wenn ich ausdrücken kann, was in mir ist. Für diesen Schatz kann ich nicht genug danken.
Kann mein Erleben sogar andere anstecken? Nicht mit der Jammerbrille das eigene Leben betrachten, sondern aus einem Blickwinkel der Dankbarkeit!